Dr. Lukas Reese koordiniert zukünftig das Europäische Erhaltungszuchtprogramm für die beeindruckenden und gefährdeten Saruskraniche. Foto: Timo Deible/Zoo Karlsruhe

06.06.2025

„Lebensversicherung einer bedrohten Art“: Erhaltungszucht wird aus Karlsruhe koordiniert

Mit einer maximalen Höhe von 180 Zentimetern und einer Flügelspannweite von bis zu 280 Zentimetern gilt der Indische Saruskranich als der größte Kranich überhaupt. Ursprünglich kommt er kommt im Süden Pakistans, im Norden von Indien und Nepal vor, zwei weitere Unterarten kommen aus Australien und Südostasien. Vor allem Austrocknung der Feuchtwiesen sowie Pestizide und andere Gifte bedrohen den Bestand. Deshalb ordnet die Weltnaturschutzunion IUCN die Art auf der Roten Liste als „gefährdet“ ein. Ein Erhaltungszuchtprogramm der Europäischen Zoovereinigung EAZA soll zukünftig eine stabile Reservepopulation in Menschenobhut ermöglichen. Geführt wird es im Zoo Karlsruhe.

„Um so ein Programm neu auf die Beine zu stellen, hat es eine jahrelange Vorplanung der Expertengruppe für Kranichartige gegeben“, erzählt der Karlsruher Zootierarzt Dr. Lukas Reese, der auch Kurator für das Exotenhaus und das zugehörige Vogelrevier ist. Max Birkendorf, Kurator beim Zoo Neuwied hatte in den vergangenen Jahren bereits ein Monitoring der Art gestartet, eine Vorstufe zum Erhaltungszuchtprogramm. Birkendorf war es dann auch, der den Karlsruher Kollegen angesprochen hat, ob er die Koordinierung des Programms übernehmen würde, was jetzt von der EAZA bestätigt wurde.

„Ich empfinde diese Aufgabe als große Ehre, freue mich absolut darauf und bin stolz, selbst wenn es viel zusätzliche Arbeit bedeutet. Allein die Einarbeitung wird ordentlich Zeit in Anspruch nehmen“, sagt Reese. „Für uns als Zoo Karlsruhe ist es eine Auszeichnung, dass neben dem Erhaltungszuchtprogramm für die Persischen Kropfgazellen nun auch das Programm für die Saruskraniche bei uns koordiniert wird. Es zeigt unsere wichtige Rolle in der Europäischen Zoogemeinschaft“, betont Zoodirektor Dr. Matthias Reinschmidt.

Passende Paare zusammenzustellen ist schwierig

Die Europäischen Erhaltungszuchtprogramme (auch EAZA Ex-situ Programme genannt, kurz: EEP) sollen die gezielte und koordinierte Zucht von in Zoos gehaltenen Tierarten ermöglichen. Der Koordinator führt dazu  das Zuchtbuch und gibt Empfehlungen zur Verpaarung einzelner Tiere, um einen möglichst breiten genetischen Pool aufrechtzuerhalten. „Die Schwierigkeit beim Saruskranich liegt aber nicht nur in den Verwandtschaftsverhältnissen, sondern hauptsächlich darin, harmonisierende Paare zusammenzustellen, die auch für Nachwuchs sorgen“, berichtet Reese.

„In Karlsruhe haben wir ein Paar, das wunderbar zusammenpasst. Seit 2013 gab es bei den beiden Tieren 13 Jungvögel“, erläutert Reinschmidt. Das ist somit die derzeit erfolgreichste Zucht im EAZA-Raum. Insgesamt werden in den der EAZA zugehörigen Einrichtungen insgesamt 40 Saruskraniche gehalten. Neben Karlsruhe wurde jedoch im vergangenen Jahr lediglich in zwei weiteren Zoos gezüchtet. Diese Quote durch Neuzusammenstellungen der Paare zu verbessern und eventuell weitere Zoos für die Haltung der beeindruckenden Vögel zu gewinnen, wird die zukünftige Aufgabe von Reese sein.

„Wir wissen, wie schnell gerade kleinere Populationen von Arten in der Natur durch äußere Einflüsse einbrechen können. Zwar ist es immer das Beste, dies zu verhindern. Falls eine Tierart in der Natur aber doch einmal verschwunden sein sollte, kann auf die Reservepopulation des Erhaltungszuchtprogramms zurückgegriffen werden“, stellt Reese heraus und ergänzt: „Ein EEP kann so die Lebensversicherung einer bedrohten Art sein.“